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Michael Martin

Wie man als Naturfotograf die Welt erobert

Michael Martin: Die Sehnsucht nach der Wildnis

Stell dir vor, du stehst mitten in der Wüste, um dich herum nur endlose Sanddünen, die Sonne brennt erbarmungslos auf die Erde. Oder, du trotzt eisigen Stürmen in der Arktis, das Gesicht halb eingefroren. Für viele klingt das nach einer Grenzerfahrung – für Michael Martin ist es der Alltag. Seit Jahrzehnten reist der Fotograf in die extremsten Regionen unseres Planeten und hält mit seiner Kamera fest, was den meisten verborgen bleibt.

Michael Martin ist einer der bekanntesten Naturfotografen Deutschlands, der mit seinen Bildern und Geschichten die Menschen begeistert.

Doch wie wird man ein erfolgreicher Fotograf? Wie schafft man es, sich in einer hart umkämpften Branche durchzusetzen? Im Interview verrät Michael Martin seine Erfolgsgeheimnisse.

Der Weg zum Erfolg

Michael, du bereist seit Jahrzehnten die spektakulärsten Landschaften der Welt. Was war der Schlüsselmoment, wo du wusstest: Ich werde Naturfotograf?

Michael Martin: Ich war schon als Jugendlicher fasziniert von der Fotografie. Mit 17 bin ich mit meinem Mofa durch die Sahara gereist – mit einer Kamera im Gepäck. Diese Reise hat mein Leben verändert. Ich wollte nicht nur fotografieren, sondern Geschichten erzählen, Emotionen wecken und den Menschen die Schönheit unseres Planeten zeigen. Der Entschluss, das professionell zu tun, kam später, aber die Leidenschaft für die Fotografie und Vorträge war schon mit 15 da.

Wie bist du gestartet?

Meine Eltern wollten, dass ich einen akademischen Beruf ergreife. Doch ich erkannte schnell, dass der Wunsch meines Vaters, Bauingenieur zu werden, nicht mein eigener Wunsch war. Und so bin ich auf mein Lieblingsfach in der Schule zurückgekommen und habe Geografie, Völkerkunde und Politikwissenschaften studiert. Meine Professoren meinten zwar, dass alle diplomierten Geographen eines Tages Taxifahrer werden, aber das hat mich nicht davon abhalten können, ein Orchideenfach zu studieren und mich auf Spezialgebiete wie Geologie, Kartografie, Hydrologie einzulassen. Beim Alumni-Treffen vierzig Jahre später, stellte sich heraus, dass alle Babyboomer etwas geworden waren, nur nicht Taxifahrer.

Bereits neben dem Studium habe ich das Geschäftsmodell Reisen, Fotografieren und darüber berichten entwickelt. Ich habe früh die Öffentlichkeit gesucht und gefunden. In den 80er Jahren gab es einen Markt für Vorträge über Fernreisen und so habe ich mein Talent, zu reden und über meine Reisen zu sprechen, ausgebaut.

Erfolgsgeheimnis No 1: „Du brauchst immer etwas, das die Leute fasziniert.“

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Die Fotografie-Branche ist hart umkämpft. Was hat dir geholfen, dich durchzusetzen?

Drei Dinge: eine klare Vision, Durchhaltevermögen und unternehmerisches Denken. Viele talentierte Fotografen scheitern, weil sie sich nur auf ihre Kunst konzentrieren, aber die geschäftliche Seite vernachlässigen. Ich habe früh erkannt, dass ich meine Bilder nicht nur machen, sondern auch vermarkten muss. Vorträge, Bücher, Filme, Ausstellungen – all das gehört zu meinem Geschäftskonzept.

Deine Fotos faszinieren Millionen Menschen. Was macht eine wirklich gute Naturfotografie aus?

Bilder müssen eine Geschichte erzählen. Eine beeindruckende Landschaft allein reicht nicht aus – das Bild muss Emotionen wecken, eine Verbindung zwischen Betrachter und Motiv herstellen. Das beste Licht, die richtige Perspektive und natürlich Geduld sind entscheidend. Manchmal warte ich Tage lang auf den perfekten Moment.

Was würdest du jemandem raten, der als Fotograf durchstarten will?

Sei einzigartig. Es gibt schon genug Bilder von Sonnenuntergängen und Postkartenmotiven. Finde dein eigenes Thema, deine eigene Handschrift, deine Nische. Selbstständige müssen sich immer mehrere Sachen überlegen. Die entscheidenden Fragen lauten: Was liebe ich? Was kann ich? Und wie wird das, was ich liebe und kann, vom Markt akzeptiert? Es kommt darauf an, Talent, Leidenschaft, Geschäftstüchtigkeit und Marktkenntnis miteinander zu verbinden. Und dann heißt es: Netzwerken, sich weiterbilden und nicht auf schnelle Erfolge hoffen. Erfolg ist ein Marathon, kein Sprint.

Wie hast du deine Reisen finanziert?

Ich habe vierzig Jahre lang alles selbst finanziert und mich nicht von Sponsoren, Förderern oder Auftraggebern abhängig gemacht. Kein Sponsoring, kein großer Verlag, keine Vorschlüsse, kein Sendervertrag. Aber ich habe ein Netz an Beziehungen aufgebaut in Form von Geschäftspartnern, Kunden, Vortagsbesuchern, Freunden, Freiberuflern, Helfern und einer Festangestellten seit 23 Jahren. Das einzige Zugeständnis sind Werbefilme vor der Veranstaltung. Ich habe zu Beginn meine Eltern angepumpt, Kredite aufgenommen und die Werbung, Pressearbeit und Reisen über Eintrittsgelder refinanziert.

Erfolgsgeheimnis No 2: Ich würde immer davon warnen, dich von einer einzigen Sache abhängig zu machen, wenn du dich selbstständig machst.

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Am Anfang habe ich Gemeindesäle oder Sportheime für kleines Geld gemietet. Nach acht Jahren habe ich es geschafft, von Veranstaltern gebucht zu werden. Das waren Kulturämter, Kulturkreise, Volkshochschulen, Vereine, die mich engagiert haben. In einem Winter hatte ich 150 verschiedene Auftritte und Verträge. Das war schierer Wahnsinn. Und das alles ohne eine Agentur dazwischen. Gebucht zu sein ist bis heute eher die Ausnahme als die Regel. Ich gehe ins volle Risiko. Von 100 Veranstaltungen im Jahr sind 80 Eigenveranstaltungen.

Bei tausend Zuschauern bleiben nach Abzug der Miete circa 20.000 Euro übrig. Das funktioniert aber nur, wenn man sich einen Namen gemacht hat. Ich kenne keinen Kollegen, der sein eigener Veranstalter ist.

Erfolgsgeheimnis No 3: Ich habe relativ früh andere Medien mit reingenommen: Bücher, Kalender, Fernsehfilme, DVDs, Ausstellungen. Diese Medien haben sich gegenseitig befruchtet. Bei den Veranstaltungen verkaufe ich die Bücher, irgendwer sieht meine Ausstellung, wird auf den Vortrag aufmerksam, sieht mich im Fernsehen, wo ich kein Geld bekomme, kauft aber anschließend eine Karte an der Abendkasse.“

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Für die erste Auflage meines Buches Terra: Gesichter der Erde mit 12.000 Exemplaren habe ich 50.000 Euro Honorar bekommen. Aber damit hätte ich das Buch nicht finanzieren können, da all die Reisen, die ich dafür gemacht habe, eine halbe Million Euro gekostet haben. Die Vorträge bringen den entscheidenden Umsatz, mit dem ich die Reisen und mein Leben mit meiner Familie finanziere.

Auch bei meiner ersten Fernsehproduktion habe ich kein Honorar erhalten, sondern nur die Reisen bezahlt bekommen. Ich habe selbst produziert und die Lizenzen an die Sender verkauft. Doch auch die Lizenzeinnahmen von ARD Alpha oder ServusTV sind wesentlich niedriger als die Produktionskosten des Films. Bildagenturen waren früher ein schöner Nebenmarkt für eine Zweitverwertung der Fotos. Aber ähnlich wie bei Musikern, sind die Live Auftritte für mich die sicherste Einkommensquelle.

Du hast mit Terra: Gesichter der Erde ein Buch veröffentlicht sowie DVDs und Filme produziert. Wie viele Jahre hast du an dem Monsterprojekt gearbeitet?

Ich habe 2017 die erste Reise unternommen und bin  2020 durch die Corona Krise unterbrochen worden. Ich hatte das große Glück, von den geplanten 35 Reisen bereits 30 gemacht zu haben. Die letzten fünf Reisen habe ich mir dann geschenkt und die zwei Corona Jahre genutzt, um das Buch zu schreiben und die Filme zu produzieren. Vom ersten Euro, den ich ausgegeben habe, bis zum ersten Euro, den ich eingenommen habe, hat es fünf Jahre gedauert. Ich habe also fünf Jahre lang eine halbe Million Euro vorfinanziert und am Ende eine halbe Million Euro eingenommen.

Eine halbe Million Euro einnehmen heißt aber nicht, eine halbe Million Euro Gewinn. Ich muss die Reisen erst einmal komplett als Gewinn erwirtschaften. Das gleiche gilt für meinen Lebensunterhalt, mein Büro und meine Mitarbeiterin. Außerdem muss ich Rücklagen schaffen für neue Projekte. Ein Projekt geht im Schnitt über zehn Jahre. Ich habe ungefähr 300.000 Bilder für Terra: Gesichter der Erde gemacht und Tausende Stunden Filmmaterial gedreht. Die Bilder und das Filmmaterial werte ich über mehrere Jahre aus. Eine Form der Auswertung sind die Vorträge.

Ich habe gelernt, dass es Sinn macht, viel Geld in die Projekte zu investieren, mir dann aber genügend Zeit zu nehmen, um diese Projekte auch maximal auszuwerten. Es gibt Kollegen, die machen jedes Jahr etwas Neues, weil sie nicht genügend Auswertungen finden. Damit kommen sie nie aus der Falle raus, immer zu wenig zu verdienen. Ich bin von vornherein in diesen langen Zyklus eingestiegen, also viel reinstecken und maximal auswerten, um dann ein größeres Rad zu drehen.

Erfolgsgeheimnis No 4 „Think big“ und bleibe persönlich bescheiden. Ich habe von vornherein für meine heutigen Verhältnisse immer relativ groß gedacht.

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Erfolgsgeheimnis No 5: Du musst dich spezialisieren bei der Fotografie. Naturfotografie ist eine Spezialisierung, die noch nicht reicht. Du kannst dich beispielsweise auf eine Region spezialisieren. Dann wirst du mit der Zeit immer besser. Oder du spezialisiert dich thematisch, beispielsweise auf bestimmte Tiergruppen wie die Wühlmäuse oder Motive wie Hochzeitsfotografie. Es ist wichtig, dein Profil zu schärfen. Ich war lange Zeit der Wüstenfotograf. Und dann musst du was zu erzählen haben, um mit Vorträgen gut anzukommen.

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Was sind die häufigsten Fehler, die angehende Fotografen machen?

Der größte Fehler ist, sich nur auf das Fotografieren zu konzentrieren. Man muss auch Unternehmer sein. Viele unterschätzen den Markt, kalkulieren schlecht oder denken zu kurzfristig. Erfolg kommt nicht über Nacht. Ich habe Jahre gebraucht, um meine Karriere aufzubauen. Aber wenn du dranbleibst, dich weiterentwickelst und lernst, dich selbst zu vermarkten, kannst du es schaffen.

Welche Tipps gibst du jungen Gründern, die selbst Naturfotograf oder Filmer werden wollen?

  1. Unbedingt der Leidenschaft folgen.
  2. Die eigenen Fähigkeiten hinterfragen. Bin ich wirklich geschäftstüchtig genug? Bin ich wirklich risikobereit genug? Es bringt nichts, gute Bilder zu machen und in Schönheit zu sterben. Im Grunde genommen brauchst Du den Biss. Den Biss kann man auch entwickeln. Ich hatte den bereits als Fünfzehnjähriger.
  3. Es ist wahnsinnig wichtig, dass du strukturiert bist, dass du einen Plan hast und fokussiert vorgehst.
  4. Durchhaltevermögen ist das A und O erfolgreicher Projekte. Das bedeutet auch eine gewisse Härte zu sich selbst, diese Leidensfähigkeit, jetzt unbedingt dein Ding durchziehen zu wollen.
  5. Auch die deutschen Tugenden Fleiß, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit sind entscheidend bei Kooperationen.

Der Unterschied zwischen einem Hobbyfotografen und einem Berufsfotografen ist der, dass der eine davon leben muss und der andere von was anderem lebt.

Fazit: Dein Weg in die Welt der Fotografie

Michael Martin zeigt eindrucksvoll, dass Talent allein nicht reicht – es braucht auch Mut, eine kluge Strategie, eine große Portion Leidenschaft, Durchhaltevermögen und Geschäftstüchtigkeit. Wenn du selbst als Fotograf durchstarten willst, frage dich:

  • Was macht meine Bilder besonders?
  • Wie kann ich mich vermarkten?
  • Bin ich bereit, dranzubleiben, auch wenn es schwierig wird?

Der Markt ist hart umkämpft, aber wenn du eine klare Nische findest, kontinuierlich an deiner Qualität arbeitest und dich vielseitig aufstellst, kannst auch du die Welt mit deiner Kamera erobern. Denn letztendlich entscheidet nicht nur das perfekte Bild über Erfolg – sondern auch deine Fähigkeit, andere Menschen mit deinen Geschichten zu begeistern.

Die Natur bietet unendliche Möglichkeiten – es liegt an dir, sie einzufangen und mit der Welt zu teilen.

Zur Website von Michael Martin.

Dr. Kerstin Gernig hat 4,87 von 5 Sternen 761 Bewertungen auf ProvenExpert.com